Zweifelhafte Gütesiegel und höhere Preise hin oder her: in Deutschland werden wieder mehr Bio-Lebensmittel gekauft. Inzwischen in einer Menge, die die deutschen Produzenten nicht leisten können, weswegen zunehmend Bio-Produkte importiert werden müssen. Der Bremer Tageszeitung Weser Kurier war dieses Thema am gestrigen Dienstag eine halbe Seite Wirtschaftsteil wert.

 

Bio-Lebensmittel in Deutschland

Nachdem der deutsche Bio-Markt lange Zeit zweistellige Wachstumsraten verzeichnen konnte, stagnierte diese Entwicklung in den Jahren 2009 und 2010. Im vergangenen Jahr jedoch legte der Markt laut Marktforschungsinstitut GfK um 9,5% zu.

 

In Bremen kann der größte lokale Bio-Großhändler Naturkost Kontor Bremen diese Entwicklung nur bestätigen, denn das eigene Geschäft wuchs 2011 sogar um 15%. Immer häufiger wird regionale Ware nachgefragt, und auch wenn noch die Nachfrage gedeckt werden könne, jedoch erleiden Händler, die größere Abnehmer versorgen, immer häufiger über Lieferengpässe.

Und auch die Erzeuger Verbraucher Genossenschaft (EVG), in der sich ca. 550 Erzeuger und Verbraucher aus dem Großraum Bremen zusammengeschlossen haben, stößt ob der zunehmenden Mitgliederzahl mit ihrem Prinzip, alle Grundnahrungsmittel aus regionaler Erzeugung bereitzustellen, an ihre Grenzen.

Woher Bio nehmen?

Um die immer weiter ansteigende Nachfrage decken zu können, werden zunehmend Bio-Lebensmittel aus dem Ausland importiert. Vor allem Gemüse, Getreide, Kartoffeln und Eier gelangen auf diesem Weg in die Märkte und zum Endverbraucher.

Nun betrachten viele Verbraucher den Import von Bio-Lebensmitteln kritisch, denn trotz des ökologischen Anbaus verursachen diese Lebensmittel Umweltschädigungen durch lange Transportwege, und zudem verlängert sich so die Dauer, die zwischen Ernte und Verzehr des Produktes verstreicht. Die Zwiespältigkeit, die, möglicherweise aus weit entfernten Ländern, importierten Bio-Lebensmitteln anhängt, schmälert oftmals auch die Glaubwürdigkeit von Bio-Produkten beim Verbraucher generell – dieser fürchtet, die Händler würden lediglich den für Bio in der Regel üblichen Preisaufschlag abschöpfen, aber keine wirklichen Anstrengungen für den Gedanken, der hinter Ökolandbau steckt, unternehmen.

 

Lösungen

Bislang wird lediglich auf 6% der deutschen Anbauflächen ökologischer Landbau betrieben. Um die deutsche Nachfrage innerhalb des Bundes decken zu können, müsste dieser Anteil deutlich gesteigert werden. Hier sieht Bundesagrarministerin Aigner die Verantwortung bei den Bundesländern, die die vorhandenen Förderspielräume ausschöpfen sollten. Im Vergleich der Bundesländer stellt sich diese Förderung jedoch sehr unterschiedlich dar: während (laut dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft) Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen die besten Anreize für den Umstieg auf ökologischen Landbau bieten würden, bilde Schleswig-Holstein das Schlusslicht. Hier fehle oftmals der Wille, um die existenten Chancen des Biomarktes nutzbar zu machen.

Auch für die Landwirte selbst ist der Umstieg nicht unkompliziert oder risikolos. Während der bis zu drei Jahre dauernden Umstellungsphase müssen die Landwirte bereits nach biologischen Gesichtspunkten wirtschaften, die dabei produzierten Waren dürfen jedoch noch nicht als Bio-Produkte verkauft werden.

Besondere Engpässe erleben Nachfrager von Bio-Lebensmitteln, die nach strengeren Vorschriften produziert wurden, wie z.B. jene mit den Siegeln von Demeter oder Bioland.

 

Diese positive Entwicklung sollte möglichst zeitnah genutzt und durch eine Förderung des regionalen Anbaus von Bio-Produkten beantwortet werden, um ökologischen Landbau nachhaltig in der deutschen Lebensmittelwirtschaft zu verankern. Spätestens bei jedem neuen Lebensmittelskandal in konventioneller Lebensmittelproduktion wird die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln aus der Region weiter ansteigen, und auch der generelle gesellschaftliche Trend hin zu mehr Gesundheitsbewußtsein und Genuss läßt immer mehr Käufer zu Bio-Lebensmitteln greifen. Sollten dann jedoch weiterhin Lieferengpässe auftreten, könnte der positive Effekt beim Verbraucher deutlich Schaden nehmen.

 
Links und Bezugsquellen:

oekolandbau.de: wo kann ich Biolebensmittel kaufen?

BringMirBio*

Naturkost Kontor Bremen

Ökomarkt Bremen

LogischBio: Naturkost Lieferservice

AmoreBio Lieferservice*

 

 

Quelle:

Weser Kurier, 14.02.2012

 

(*=Affiliatelink)

 

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Stefanie Norden

Stefanie Norden ist Pinterest Virtual Assistant im Team von B2N Social Media Services. Unser Team unterstützt kleine Unternehmen, sich auch als Anfänger und mit wenig Zeit im Social Web bekannt zu machen. Hier erfährst Du, wie wir auch Dir helfen können, online neue Interessenten zu gewinnen.

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5 Comments

  1. Eine Betrachtung, die durchaus ihre Berechtigung hat. Allerdings wird in der “Bio aus regionalem Anbau”-These immer etwas vergessen: All die Bio-Produkte, die nicht in einem mitteleuropäischen Land angebaut werden können.
    Bio wird leider immer wieder so dargestellt, dass es etwas rein regionales sein kann – natürlich kann es das, aber dann müssen wir einen sehr großen Verzicht mit einplanen.
    Kein Bio-Orangensaft mehr. Keine Vanille, kein Johannesbrotkernmehl, kein Pfeilwurz, kein Rohrzucker, keine Schokolade, kein Kaffee, kein Tee, viel weniger Obst und Gemüse (keine Bananen mehr!), kaum noch Gewürze, usw. usf.
    Ist dieser Verzicht gewollt? Geht es darum? Bio ist nicht nur regional. Bio ist global.

  2. Hallo Björn,

    nein, auf einen solchen Verzicht habe ich mich nicht bezogen. Letztendlich kann nur ein Ansatz funktionieren, der auch im realistischen Maße umsetzbar ist, auch wenn uns das anders vermutlich lieber wäre.

    Ich sehe das so: Importiertes Bio (in vernünftigem Maße, wie z.B. bei Produkten, die hierzulande eben gar nicht produziert werden können) ist importierter konventioneller Ware immer noch vorzuziehen. Doch bei Produkten, die nicht importiert werden müssen, lohnt definitiv die Überlegung, ob man dann nicht doch lieber zu einheimischen Produkten greifen sollte.

    Viele Grüße, Stefanie

  3. Widerspruch !
    Es dient dem Öko-Anbau mehr die steigende Nachfrage und auch die gewisse Knappheit, die durch Importe regionaler Feldfrüchte aus der EU ergänzt werden kann, als ein Ausweichen auf konventionelle Produkte der Region. Denn die konventionelllen Anbauer kümert nicht der Grund ihres Umsatzes, sondern alleine die Menge. Werden diese Produkte aber nicht mehr nachgefragt und statt dessen z. B. aus Rumänien eingeführt, müssen unsere Bauern umdenken. Dem Boden und Wasser im dichtbesiedelten und hochindustrialisierten Deutschland würde der Import auch besser tun als das falsche Gütesiegel “regionaler Anbau”. So verkauft auf unserem Gemüsemarkt ein rotwangiger Bauer neben Obst und Gemüse auch sein Eier aus regionalem Anbau, die stammen aber aus einer Legebatterie – auf dem Lande.
    Also lieber Bioeier, Getreide und Gemüse aus Rumänien als chemisch gedüngte und gespritze Feldfrüchte sowie KZ-Eier aus der Nachbarschaft. Ich würde auch ein Solarauto aus Fernost einem Benzinfresser aud der Nachbarschaft vorziehen.

  4. Hallo Dirk,

    ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor, denn ich sehe das durchaus genauso wie Sie. In meinem Kommentar oben bezog ich mich auf regionale Produkte, die ebenfalls nach Bio-Standards produziert wurden, was in meiner Formulierung nicht ganz klar wurde.

    Ansonsten lohnt es sich natürlich auch bei regionalen Produkten, sich zu vergewissern, wie dort produziert wird. Und sofern die Bio-Produkte nicht aus derart großer Entfernung importiert werden, dass allein die Emissionen des Transports den Nutzen der biologischen Produktion ad absurdum führen, würde ich immer zu Bio anstatt konventionell greifen.

    Viele Grüße,

    Stefanie Norden

  5. Nun, ich denke, es geht um die Produkte, die hier nicht ausreichend biologisch und regional erzeugt vorhanden sind. Da bleibt doch die Frage “regional konventionell” oder “biologisch EU” ?
    Im Übrigen ist es der feine Unterschied, den es auch im Hausbau gibt: Biologisch oder ökologisch ?
    Da auch Verbesserungen beim Transport möglich sind, tendiere ich für Biologische Qualität, die durch verbesserten Boden und Wasser auch unsrer regionalen Ökologie zugute kommt.
    Ähnliche Diskussion zum Bio-Sprit. Wenn man das dem freien Markt überlässt, geschieht Raubbau. Aber die Alternative zu fossilen Brennstoffen und Atomkraft kann nur regenerative Energien heißen. und dazu gehört neben Wind- und Wasserkraft eben auch Biomasse.
    Irgendeine Kröte müssen wir schlucken, wenn wir nicht radikal verzichten wollen (was wir auch gar nicht könnten). Eingriffe in die Natur wird es immer geben – Urlaubsidylle überall ist unmöglich. Deshalb kann es nicht ums WARUM und OB, sondern nur ums WIE gehen.

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