Am Montag machte die Nachricht des überraschenden Todes des Comedien und Dschungelcamp-Moderators Dirk Bach die Runde. Bach, 51, war leblos in seinem Hotelzimmer gefunden worden, die genaue Todesursache noch immer unklar. Die große Aufmerksamkeit nutzten mehrere Medien auf nicht gerade uneigennützige und, wie viele es empfinden, pietätlose Art.
Gefällt mir = mein Beileid
Jene große deutsche Zeitung mit den vier Buchstaben setzte ein Bild von Dirk Bach auf schwarzem Hintergrund, versehen mit der großgeschrieben Nachricht, er sei tot, auf seine Facebook Page. Dass Bilder auf Facebook in puncto Viralität ausgesprochen gut funktionieren, hat sicher einen Einfluss auf die Wahl genau dieses Mediums gehabt. Und auch die plakative Wahl von Wortlaut und Schriftgröße ist angesichts des generellen Niveaus der Bild wenig überraschend.
Doch dann hielt die Social Media-Redaktion der Bild es für eine gute Idee, folgendes PS unter den Text zum Bild zu setzen:
stern hieb auf seiner Facebook Page in die gleiche Kerbe: zwar wurde auf ein reißerisches Foto verzichtet, doch beendete man die Meldung mit dem Satz “Den “Like”-Button erklären wir hiermit zum Kondolenz-Knopf.”
Nach den ersten negativen Reaktionen auf diese Vorgehensweise erklärte der Social Media-Verantwortliche der Bild, man habe lediglich unschöne Diskussionen, warum einzelne Nutzer bei einer solchen Meldung auf “Gefällt mir” klicken, unterbinden wollen. Und auch stern erklärte, sich ungerecht behandelt zu fühlen, sich jedoch mit der Kritik auseinander setzen zu wollen.
Der EdgeRank
Beim EdgeRank handelt es sich um einen Algorithmus, den Facebook benutzt, um aus der unüberschaubaren Informationsmenge aller Aktionen auf Facebook für jeden Nutzer jene Aktionen herauszufiltern, die für ihn interessant sein könnten (für eine genauere Definition des EdgeRanks siehe hier). Jeder einzelne Beitrag bekommt einen solchen EdgeRank zugewiesen, der sich aus den Punkten Affinität (die Beziehung zwischen dem Nutzer und der inhaltserstellenden Page bzw. anderem Nutzer), Gewichtung (Typ des Inhaltes) sowie Zeit (Zeitpunkt der Aktion).
Auf das Bild-Beispiel bezogen bedeutet dies: Bild wählte einen optimierten Typ Inhalt (Foto) sowie einen optimierten Zeitpunkt (18.54 Uhr) sowie den zitierten Call-to-action.
Einschätzung
Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, mit einem gewissen Optimierungswillen an seine Posts im Social Media-Bereich heranzugehen. Journalismus hat nun einmal auch zum Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen – ansonsten würde ich schließlich auch kaum jetzt zu diesem Thema bloggen, anstatt ein paar Monate zu warten, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Ich denke daher nicht, dass es notwendig ist, sich daran zu stören, dass auch bei einem traurigen Thema auf Optimierung geachtet wird.
Der Call-to-action, also die Aufforderung, etwas zu tun (hier, auf “Gefällt mir” zu klicken), ist jedoch eine andere Sache: es ist nun einmal nicht zu verleugnen, dass Interaktion eine der kostbarsten Währungen ist, die Social Media zu bieten hat. Klickt der Freund eines Nutzers auf “Gefällt mir”, stehen die Chancen gut, dass diese Information im Newsfeed des Nutzers und aller weiteren Freunde auftaucht – je höher der EdgeRank, desto größer die Chance. Und weitere Aufmerksamkeit und Klicks auf die Meldung erhöht natürlich auch die Chance, dass diese Besucher auch gleich die gesamte Facebook Page “liken”, also auf “Gefällt mir” klicken.
Jedoch sind auch die Erklärungen, man habe unschöne Diskussionen vermeiden wollen, indem man den “Gefällt mir”-Button eindeutig belegt, nicht völlig von der Hand zu weisen. Doch dieses Verständnis dieses Buttons greift zu kurz, denn ein Klick auf “Gefällt mir” unter einer Todesmeldung muss nicht “Gut, dass er tot ist” bedeuten. Es kann auch schlicht ausdrücken: “Danke, dass Ihr darüber berichtet.”
Todesmeldungen von Prominenten erhalten meiner Beobachtung nach im Social Web stets zahlreiche Kommentare und Verbreitungen. Diese Aufmerksamkeit nun dahingehend zu nutzen, den Nutzern mitzuteilen, sie würden durch das Klicken auf “Gefällt mir” ihr Beileid ausdrücken, ist meiner Auffassung nach mehr als diskutabel.
Den Vorwurf, man würde die Todesmeldung ausnutzen, um “Gefällt mir”-Klicks herauszuschlagen, muss man sich meiner Meinung nach dann gefallen lassen, da der Verdacht einfach zu nahe liegt.
Dass es auch anders geht, zeigt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Weniger Hype, aber mehr Pietät.
Quelle:
t3n.de: Dirk Bach, bild.de und der EdgeRank