Viele, die sich intensiver mit dem Internet befassen, werden von Occupy Wall Street, den Protesten an der New Yorker Wall Street gegen das Regime der US-Banken gehört haben.

Wer sich jedoch auf deutsche Nachrichten offline verläßt, wird sich fragen: oh, die Wall Street wird besetzt?

Dieser Artikel spiegelt meine persönliche Meinung und meinen Informationsstand wieder. Ergänzungen sowie Diskussion sind willkommen.

 

Ausgangslage

Dass das amerikanische Finanz- und Wirtschaftssystem Probleme hat, ist spätestens seit der Finanzkrise kein Geheimnis mehr. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnete sich auch im Land der Freiheit und Heimat der Tapferen sperrangelweit. Nahezu jeder sechste Amerikaner lebt in Armut. Lesetipps hierzu finden sich am Ende dieses Artikels.

Ein schockierendes Bild zeichnete hierbei Michaels Moores Spielfilm “Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte“. Nun ist Herr Moore sicher keine umfassend seriöse Quelle und bedient sich gern der Polemik, Übertreibung und Themenselektion. Aber sollte auch nur die Hälfte des Films zutreffen, was die Situation in den USA betrifft, ist die Aussage “Die USA hat ein Problem” milde untertrieben.

Hier werden Hauseigentümer in zwielichtige Kreditverträge gelockt, in dessen Verlauf sie dann, mit den Mitteln des Rechts, aus ihren eigenen Häusern geworfen werden können, wenn sie die zuvor verschleierten, ansteigenden Rückzahlungen nicht mehr leisten können. Politik und Wirtschaft bilden einen undurchdringbaren Filz aus Vetternwirtschaft und Mauscheleien. Steuern für Gutverdienende sinken stetig. Zu Tausenden werden Stellen abgebaut, während die Unternehmen Milliardengewinne erwirtschaften.
Wall Street als Antichrist

Als dann im Herbst 2008 die damalige US-Regierung den Kongress zur Zustimmung eines Bankrettungspaketes über 700 Milliarden US-Dollar bewegte, dieses Geld dann aber nicht, wie ursprünglich geplant, zum Aufkauf fauler Kredite nutzte, um eine Panikreaktion der Finanzbranche zu vermeiden, sondern damit Anteile an in Schwierigkeiten geratenen Banken aufkaufte, war die Empörung nicht nur beim Kongress, sondern auch in der Bevölkerung groß.

 

OccupyWallStreet David Shankbone_01

Zusammen mit diversen anderen Anliegen und dem generellen Unmut über den negativen, aber unbeschränkt scheinenden Einfluss, den Banken und Grosskonzerne in den USA zu haben scheinen, formierte sich über soziale Netzwerke die führerlose Protestbewegung “Occupy Wall Street“, u.a. inspiriert durch die Bewegung des “Arabischen Frühlings“. Ab dem 17.09., dem Constitution Day, besetzten mehrere hundert Demonstranten die Wall Street in einem Protest, der einige Monate andauern soll und in der Zwischenzeit auf mehrere Tausend angewachsen ist.

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Reaktion der Obrigkeit

Obwohl der New Yorker Bürgermeister Bloomberg vor Beginn der Proteste noch das Demonstrationsrecht bestätigte, wurde der Finanzdistrikt sehr bald mit Eisengittern vor den Demonstranten geschützt.

OccupyWallStreet  David Shankbone_03

Trotz des friedlichen Verhaltens der Demonstranten tauchten bald zahlreiche Youtube-Videos auf, die mindestens mit einem gewissen Maß an Brutalität vorgenommene Verhaftungen zeigten. Am folgenden Wochenende kam es sogar zu Schlägen und dem Einsatz von Tränengas. Mehr Informationen, Bilder und Videos hier auf der Seite der Bewegung.

Der Mailanbieter Yahoo geriet zudem ins Gerede, als über Yahoo verschickte eMails zum Thema der Proteste wegen “verdächtiger Aktivitäten” nicht verschickt wurden (näheres hier).

Die Anspannung steigt, und den USA scheint die Lage zunehmend zu entgleiten. Das Internet läßt sich nicht kontrollieren, und in den Informationen, die von den Aktivisten per Netz verbreitet werden, findet sich immer wieder die Aufforderung: helft uns, gehört zu werden.

 

Occupy Wall Street und die deutschen Medien

 

In einer stichprobenartigen, nicht-repräsentativen Untersuchung fand ich gestern auf zufällig ausgewählten Zeitungs- und Newsportalen auf der jeweiligen Startseite keine einzigen Bericht zu den Protesten. ARD und ZDF schwiegen sich meines Wissenstandes zufolge bislang ebenfalls aus.

Eine Googlesuche mit den wenig flüssigen Suchbegriffen “wall street proteste deutsch” ergab in der Tat eine Fotoserie des Handelsblattes vom 21.09. Viele Fotos, unterbrochen von viel Werbung. Betonung, wie wenige Demonstranten zu irgendeinem Zeitpunkt vor Ort waren und wie unbequem die Absperrungen für die New Yorker sind. Am Rande auch Erwähnung, worum es den Demonstranten überhaupt geht.

Weitere Funde: zwei Artikel von Seiten, die als “offizielle” (was auch immer das heißen mag”) Nachrichten durchgehen, ansonsten hauptsächlich Blogartikel. Beispielsweise hat der Blog “Bodenfrost” mehrere lesenwerte Artikel sowie einen Pressespiegel zur Thematik veröffentlicht.

 

Meine Frage zum Abschluss: hat jemand Berichterstattung über diese Bewegung in den deutschen Medien gefunden?

 

Quellen und weiterführende Literatur:

Wirtschaftskrise in den USA:

http://www.tagesschau.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2011/09/15/International/Mit-Armut-sind-die-USA-reich-gesaet

http://www.welt.de/wirtschaft/article4914589/Jeder-sechste-US-Buerger-unter-der-Armutsgrenze.html

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,786372,00.html

http://www.spiegel.de/thema/schuldenkrise_usa_2011/

http://www.zeit.de/wirtschaft/2011-06/armut-usa-arbeitslosigkeit

http://www.dw-world.de/dw/article/0,,15386494,00.html

http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,595751,00.html

Occupy Wall Street:

http://en.wikipedia.org/wiki/Occupy_Wall_Street

https://occupywallst.org/

http://www.occupyyoutube.com

http://www.teleboerse.de/bilderserien/Wutbuerger-an-der-Wall-Street-article4365836.html

http://www.wz-newsline.de/home/wirtschaft/finanzmaerkte/protest-droht-die-wall-street-im-ausnahmezustand-1.771539

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Stefanie Norden

Stefanie Norden ist Pinterest Virtual Assistant im Team von B2N Social Media Services. Unser Team unterstützt kleine Unternehmen, sich auch als Anfänger und mit wenig Zeit im Social Web bekannt zu machen. Hier erfährst Du, wie wir auch Dir helfen können, online neue Interessenten zu gewinnen.

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